UNIVERSALISMUS
Durch universalistische Perspektiven werden gelebte Erfahrungen vernachlässigt.
Im Aktivismus für Soziale Gerechtigkeit werden Menschen auf eine bestimmte Identität reduziert: Bezüge zu gruppenübergreifenden Gemeinsamkeiten oder individuellen Besonderheiten werden für eine kollektivistischer Gruppenzugehörigkeit geopfert (siehe Identitätspolitik). Sowohl Universalismus als auch Individualismus gelten als weiße Ideologien, mit denen mächtige Personen die Unterdrückung marginalisierter Gruppen verschleiern.
Die Ablehnung universaler Sichtweisen zugunsten eines radikalen Partikularismus wurde aus postmodernen Theorien übernommen.
In postmodernen Vorstellungen ist jede menschliche Erfahrung – insbesondere alles, was mit Wissen zu tun hat– grundsätzlich abhängig von kulturellen Bedingungen.438 In dieser Sicht sind gruppenübergreifende Gemeinsamkeiten unmöglich, da unterschiedliche Kulturen mit unterschiedlichen Diskursen grundlegend verschiedene Erfahrungen über die Wirklichkeit haben. Das Streben nach Objektivität gilt aus postmoderner Sicht als sinnlos.
Woke Aktivisten übernahmen die postmoderne Sicht von multiplen, relativistischen Wahrheiten. Um trotzdem handeln zu können, entwickelten sie aus Kritischen-Theorien eine parteiergreifende Methodik. Dazu sollen vermeintliche Unterschiede aufgrund der Gruppenidentität betont werden, um Identität als Mittel zur Abgrenzung zu nutzen (siehe Empowerment).439 Gruppenspezifische identitätspolitische Sichtweisen sollen entwickelt werden, da universale Sichtweisen blind seien für die jeweils unterschiedlichen Erfahrungen. Angeblich universale Werte wie Vernunft, Empirismus und Logik würden andere Wissensformen zu Unrecht ausschließen, um dadurch die Standpunkte der Etablierten zu sichern (siehe Standpunkttheorie).440 Alle universalen Ansätze gelten zumindest so lange als illusorisch, solange noch systemisch bedingte Machtstrukturen vorhanden sind.
Eine identitäre Abgrenzung forderte auch die CRT -Aktivistin Kimberlé Crenshaw: „Ich bin Schwarz“, schrieb Crenshaw im Jahre 1991, bedeutet etwas Anderes als „Ich bin eine Person, die zufällig schwarz ist“. Die Aussage „Ich bin Schwarz“ nehme eine gesellschaftlich aufgezwungene Identität an und benutze diese als Anker für Widerstand.441