KAPITALISMUS
Kapitalismus ist die Ursache für eine immer größer werdende Ungleichheit.
„Kapitalismus“ ist ein umkämpfter Begriff, dessen Bedeutung häufig von sogenannten „Kapitalismuskritikern“ vorgegeben wird.230 Aus klassisch-liberaler Sicht dient der Begriff „Kapitalismus“ oft als Strohmann, mit dem Vorstellungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung bekämpft werden sollen. Aus klassisch-marxistischer Sicht steht der Kapitalismus für ungerechte „von Herrschaft des Kapitals bedingte soziale, politische, rechtliche und kulturelle Verhältnisse“.231
Laut Marx dialektischem Geschichtsverständnis würde eine kapitalistische Gesellschaftsordnung früher oder später durch die Verarmung der proletarischen Massen untergehen und zwangsläufig durch sozialistische Herrschaft ersetzt werden. Marx’ Vorstellungen und seine geschichtsphilosophischen Grundannahmen sind zwar längst widerlegt, nicht zuletzt aufgrund des totalitären Horrors im historischen Sozialismus.232 Dennoch sind viele linksgeprägte Aktivisten weiterhin vom angeblichen Übergangscharakter des Kapitalismus überzeugt. Der Kapitalismus wird als Ursache fast aller Probleme angesehen; unter anderem von Armut, Rassismus, Kolonialismus, Queerfeindlichkeit, Umweltzerstörung und sozialer Ungleichheit. Durch die Utopie der Sozialen Gerechtigkeit soll der Kapitalismus überwunden werden und durch eine neue Form des Kommunismus ersetzt werden (siehe Kritische-Theorie).
Heutzutage wird eine freie Marktwirtschaft besonders stark von ökologischen Aktivisten infrage gestellt. Das freie Wirtschaftssystem würde zu viele Ressourcen verbrauchen, was vor allem in Hinblick auf unser planetares Klimasystem nicht nachhaltig sei (siehe Degrowth).233
Doch nicht nur linke Politiker wollen freie Marktwirtschaft beenden. Mittlerweile gibt es auch innerhalb der Privatwirtschaft viele Kapitalismuskritiker. Staatsnahe Wirtschaftslobbyisten kritisieren das marktwirtschaftliche Modell als veralteten „Shareholder-Kapitalismus“, indem angeblich nur die kurzfristigen Interessen vertreten werden. Das (von den UN geforderter) nachhaltige „Stakeholder-System“ soll der freien Marktwirtschaft überlegen sein, weil in diesem Stakeholdersystem längerfristige Interessen besser berücksichtigt seien.234 ESG -Regulierungen sollen dazu dienen, eine gesamtgesellschaftliche Transformation für mehr Nachhaltigkeit zu erzwingen.235 Mit freier Marktwirtschaft hat das korporatistische Stakeholder-Modell aufgrund der engen Vernetzung zwischen privatem und öffentlichem Sektor allerdings nur wenig zu tun.236