KRITISCHE THEORIE

Die Methodik der Kritischen Theorien macht den Kern des woken Aktivismus aus. Der Soziologe Max Horkheimer definierte 1937 eine „Kritische Theorie“ als Gegensatz zu einer traditionellen Theorie: Während eine traditionelle Theorie beschreiben soll, wie und warum ein Phänomen funktioniert, soll eine Kritische Theorie von einer idealen Vision der Gesellschaft ausgehen.²⁵⁷ Ausgehend von der idealen Vision der Gesellschaft soll eine Kritische Theorie beschreiben, wie die bisherige Gesellschaft im Vergleich versagt. Mit ihrem Ansatz wollen Kritische Theoretiker dazu beitragen, falsche Annahmen der Gesellschaft sichtbar zu machen.²⁵⁸

Kritische Theorien sind keine wissenschaftlichen Theorien, denn sie befassen sich nicht primär mit Wahrheit bzw. systematischer Falsifikation.²⁵⁹ Kritische Vorgehensweisen haben mit kritischem Denken und einer skeptischen Sichtweise auf die Realität wenig zu tun.²⁶⁰

In der Regel wird mit einer Kritischen Methodik ein Phänomen problematisiert, was für eine Utopie verändert werden soll. Oft werden in dieser utopischen Kritik auch Thesen vertreten, die empirisch widerlegbar sind. Die Bezeichnung „kritisch“ bezieht sich auf die marxistische Devise, dass es beim Studium der Gesellschaft darum gehen müsse, die Gesellschaft zu verändern, nicht darum sie zu verstehen.²⁶¹ Das führt dazu, dass eine sachliche Beschreibung der Wirklichkeit weitgehend aufgegeben wird. Häufig gilt alles als problematisch, was im Widerspruch zur idealen Vision steht und verändert werden muss (siehe Sozialer-Konstruktivismus und Konflikt).²⁶²

Akademische Theoretiker haben mittlerweile ihre weiterentwickelten Kritische Theorien auf etliche gesellschaftlichen Bereiche angewandt (siehe Neue-Linke). In den letzten Jahrzehnten wurde an Universitäten eine Fülle an Literatur mithilfe von Kritischen Methoden entwickelt. Besonders einflussreich sind heute die folgenden Richtungen von Kritischer Theorie: Postkoloniale-Theorie, Queer -Theorie, Kritische-Rassen-Theorie CRT, Kritische-Pädagogik, Degrowth -Theorie, Klimagerechtigkeit, Kritisches Weißsein und intersektionaler Feminismus. Das neu-linke, kulturelle Hegemoniekonzept, das vom italienischen Marxisten Antonio Gramsci entwickelt wurde, liegt den meisten Kritischen Theorien zugrunde.²⁶³