INTERSEKTIONALITÄT
Intersektionalität ist eine Linse, mit der man erkennen kann, wie verschiedene Formen von Unterdrückung zusammenspielen.
Aus dem Glossar des Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit IdA:
„Intersektionalität meint, dass verschiedene Diskriminierungsformen nicht einzeln für sich wirken und einfach zusammengezählt werden können, sondern dass sie sich gegenseitig beeinflussen und so neue Formen der Diskriminierung entstehen können. Crenshaw verdeutlicht das, mit dem Bild einer Kreuzung von zwei Straßen: Die eine Straße steht für Geschlecht, die andere für „Rasse“. Auf beiden Straßen können Unfälle im Sinne von Diskriminierung passieren. Wer aber in der Mitte der Kreuzung steht, hat ein höheres Risiko in einen Unfall verwickelt zu werden. Das wäre z. B. bei schwarzen Frauen der Fall.(…) Im Konzept der Intersektionalität ist dabei keine abgeschlossene Liste von gesellschaftlichen ‚Platzanweisern« festgeschrieben: Viel mehr wird betont, dass geschaut werden muss zu welcher Zeit, an welchem Ort, in welchem sozialen Umfeld Machtunterschiede und Diskriminierung vorherrschen und was das für die Betroffenen bedeutet.“ 220
Das Konzept der Intersektionalität postuliert eine spezifische Sichtweise auf Diskriminierung. Diese wurde erstmalig von der CRT -Aktivistin Crenshaw am Beispiel schwarzer Arbeiterinnen bei General Motors veranschaulicht.221 Tatsächlich können durch diese Sichtweise bestimmte Fälle der Mehrfachdiskriminierung erkannt werden, die ansonsten womöglich übersehen werden. In der Praxis beinhaltet Intersektionalität aber mehr als nur Bewusstsein für potentielle Mehrfachdiskriminierungen.
Intersektionalität ist eine Kreuzung der verschiedenen Kritischen-Theorien: Angeblich sind alle Formen von Unterdrückung in Form einer „Matrix der Dominanz“ miteinander verbunden (insbesondere Transphobie, Rassismus, Muslimfeindlichkeit, Sexismus, Cis-Heteronormativität, Ableismus und Kapitalismus).222 Innerhalb dieser Matrixstruktur addieren sich Diskriminierungen nicht nur, sondern sie vervielfachen sich, denn überlagerte Diskriminierungsformen haben eine andere Wirkung als die Summe der einzelnen Diskriminierungsformen.
Intersektionalität soll zusammen mit der Standpunkttheorie beschreiben, wie sich Machtstrukturen „überschneiden“; d.h. auf welche Art Personen Bevorzugung oder Unterdrückung erfahren. Intersektionalität ist eng mit Allyship verknüpft: Privilegierte Personen sollen sich solidarisch zeigen, indem sie ihre Privilegien für marginalisierte Gruppen einsetzen.
Die Unterscheidung nach privilegierten und unterdrückten Gruppen ist nie abgeschlossen: Innerhalb einer Form der Diskriminierung eine stärkere Form der Diskriminierung zu finden und dadurch die intersektionale Matrix der Dominanz zu verfeinern, ist ein nie endendes Betätigungsfeld woker Aktivisten (siehe problematisieren).223