GENDER

Alle Genderrollen sind gesellschaftlich konstruiert.

Der Begriff Gender lässt sich grob als soziale Rolle bezüglich des Geschlechts übersetzen. Vorstellungen von typisch männlich und weiblich hängen zum Teil auch von der gesellschaftlichen Sozialisation ab (siehe Soziale-Konstruktion). Die meisten Männer verhalten sich auf unterschiedliche Weise männlich; die meisten Frauen auf unterschiedliche Weise weiblich. Dabei gibt es eine gewisse Variabilität, die vom biologischen Geschlecht getrennt ist (z. B. „maskuline Frau“, „feminine Männer“).

Die Frage ist umstritten, wodurch Gender geprägt wird. Die woke Sicht auf Gender geht maßgeblich auf die Arbeit der Queer -Theoretikerin Judith Butler zurück.176 In der Gendertheorie gelten klassische binäre Genderrollen als problematische Konstruktionen, da durch sie soziale Ungleichheiten aufrechterhalten würden (siehe Cis-Normativität). Alle Genderdifferenzen werden aus woker Sicht als Ausdruck gesellschaftlicher Machtstrukturen angesehen (siehe Patriarchat und Ungleichheit). Alle Genderdifferenzen sollen für das ideologische Ziel der Gleichstellung eliminiert werden (sogenanntes „Gendermainstreaming“).177

Evolutionspsychologische oder hormonelle Erklärungen für unterschiedliches Genderverhalten werden von Gendertheoretikern strikt abgelehnt. Gender wird bei Butler lediglich „performt“, also imitiert. Das Feindbild der Gendertheorie ist der biologische Essentialismus, der behauptet, dass Geschlechterrollen allein biologisch begründet sind. In der biologisch-essentialistischen Sichtweise gibt es keinen sinnvollen Unterschied zwischen biologischem Geschlecht und sozialem Verhalten.

In der Realität wird die Wahrheit wahrscheinlich eher dazwischen liegen: Gender dürfte sowohl von der Biologie als auch von der Sozialisation und anderen Faktoren beeinflusst sein. Während Sozialisation für den sozialen Umgang mit Geschlechterrollen entscheidend ist, könnten diese Geschlechtsrollen selbst zumindest teilweise das Ergebnis biologischer Unterschiede zwischen Männern und Frauen sein.