INTEGRATION
Integration bedeutet gesellschaftliche Teilhabe statt Ausgrenzung.
Integration hat in der woken Sichtweise eine Bedeutung konträr zur Alltagssprache. In der Alltagssprache wird Integration häufig als Prozess der Anpassung von Migranten an die Regeln und Kultur der Aufnahmegesellschaft verstanden. Die Anpassungsleistung von Migranten an die Gesellschaft beschreibt einen sozialen Prozess, der zu einer schrittweisen Übernahme kultureller Einstellungen und Verhaltensweisen führt. Migranten sollen durch die Integration lernen, die teils ungeschriebenen Spielregeln des Zusammenlebens zu übernehmen. Die Aufnahmegesellschaft muss sich selbst nicht neu integrieren, nimmt aber integrierte Migranten nach einem erfolgreichen Integrationsprozess als Teil der Gesellschaft wahr und würdigt migrantische Leistungen. Gleichzeitig sieht sich ein gut integrierter Migrant selbst als Teil der Gesellschaft und trägt mit seiner Leistung zur Gesellschaft bei. Klassische Integration wirkt einer Segregation nach Herkunft und Identität entgegen.
Solche Vorstellungen von Integration gelten im woken Aktivismus als unterdrückerisch.215 Identitätspolitisch wurde der alltägliche Integrationsbegriff als vermeintliche Assimilation dekonstruiert. Im neuen Integrations-Paradigma soll Integration das Ziel der gesamten Gesellschaft sein.216 Integration ist nun ein Codewort für intersektionale Identitätspolitik. Die gesamte Gesellschaft soll sich integrieren, indem sie die Forderungen neulinker Aktivisten umsetzt (siehe Dominanzgesellschaft und Aushandlungen). Im akademischen Jargon liest sich das so: Integration stellt ein Projekt dar, durch das die „gleichberechtigte ökonomische, rechtliche und politische Partizipation aller Bürger an den zentralen Gütern der Gesellschaft, der Herstellung von Chancengleichheit und des Abbaus von Diskriminierung und Ungleichheit“ sichergestellt werde.217
Laut der Integrationsforscherin Prof. Naika Foroutan soll Anerkennung als „sinnstiftender Endpunkt in die Erzählung eines neuen Integrationsparadigmas“ eingedacht werden (siehe Empowerment).218 Dazu soll Integration von einer Kopplung an den Begriff der Migration gelöst werden. Foroutan zufolge sollen nun nicht die Migranten, sondern die Gesamtgesellschaft in eine heterogene, postmigrantische Gesellschaft integriert werden (siehe Transformation). Für Foroutan ist Integration daher „keine Frage der kulturellen, ethnischen, religiösen oder nationalen Herkunft allein, sondern genauso eine Frage von Schicht und Klasse, Gender, sexueller Orientierung, etc.“ 219
Kurz gesagt: Integration ist aus woker Sicht eine Chiffre für intersektionale Teilhabe. Die Gesamtgesellschaft soll in eine postmigrantische, befreite Gesellschaft transformiert werden.